Handwerk in Myanmar-    

      Bambusschirm- und Blattgoldherstellung                    in Pathein und Mandalay

 

 

 

 

 

                                 

           

                   

  

Mein Trishawfahrer Ninenine fuhr mich durch die Seitenstraßen von Pathein. Vorbei an Bambushütten und Menschen die mir freundlich winkten. Nach ca. 30 Minuten fuhr mein Fahrer in einen Hof hinein und sagte zu mir, dass wir da wären. Diese „Fabrik“ war also eine der Höhepunkte von Pathein, einem Ort in Burma, der an der Südküste im Ayarwardy Delta liegt und als Hochburg der Schirmherstellung in Burma gilt. Und die ist der Eingang zur Fabrik? Ja, und genau deshalb bin ich hier- ich möchte die traditionelle Bambusschrimherstellung kenne lernen. . Schnell wurde ich aufgrund meiner Größe wieder zur Attraktion in der Fabrik, in der kanpp 50 Menschen arbeiten.Es ist ein Familienbetrieb indem vom Urenkel bis zur Großmutter mehrer Generationen unter einem Dach leben und arbeiten.

 

     

Überall sitzen Menschen auf dem Boden und bemalen fast fertige Schirme, knüpfen die Haltefäden in stundenlanger Arbeit zusammen oder spalten Bambus für das Gerüst

Der Chef der ganzen Familie ist der 50 jährige Toau. Nach einem gemütlichen Plausch beim Tee zeigte er mir die Fabrik und die komplette Herstellung der Schirme. Grundmaterial ist der burmesischer Bambuss, der erst nach  langer Trocknungszeit „reif“ für die Bearbeitung ist. Tau erklärte mir auch, dass die Qualität des Bambuses von Jahr zu Jahr abnimmt. Kaum ein Bambusbauer hat noch die Zeit den Bambus voll wachsen zu lassen – auch hier lockt das schnelle Geld.

Als erster Schritt der Schirmherstellung wird das Schirmgerüst gebaut. Hierzu schneiden die Männer die Bambusstangen in feinste Streifen und verarbeiten diese einzelnen, zum Teil hauchdünnen Holzstreifen, zu dem Grundgerüst des Schirms. Im Anschluss knüpft, oder besser gesagt, flicht man einen Faden um die Speichen des Bambusses um die Spannung beim Öffnen zu erhalten. Alleine diese Arbeiten der Knüpfer zu beobachten empfand ich als sehr außergewöhnlich. Unglaublich mit welcher Geschwindigkeit und Präzision dies geflochten wird. Nun kommt der Regenschutz auf den Schirm, der aus Baumwollstoff oder Papier besteht.

             

      

 

 

 

 

 

 

 

Flechtkunst an einem knapp 3 Meter großen Gartenschirm

  An dieser Stelle sei deshalb auch gesagt, dass diese Art der Schirme nicht unbedingt für einen Spaziergang bei einem Wolkenbruch gedacht sind. Nein, denn diese Schirme sind nicht dauerhaft wasserundurchlässig. Oftmals werden diese Schirme auch von Menschen gekauft, die sie als Schutz vor der enormen Sonnenstrahlung nutzen. Viele der in Pathein hergestellten Schirme sind auch für Burmesen ein willkommenes Urlaubsmitbringsel für ihr Lieben zu Hause. Nachdem die Bespannung aufgebracht wurde, wird sie von unzähligen Mitarbeitern bemalt. Jeder Maler hat einen eigenen Stil und bemalt die Schirme nach eigenem Können. Hier werden auch verschiedene traditionelle Motive, wie der „Bagan-Stil“ oder „Mandalay“ zur Verzierung angewandt. Die Farben sind allesamt Naturprodukte und werden über Tage oder Wochen in verschiedenen Behältern angesetzt.

             

               

             

                

             

                 

  Nach der Trocknung der Schirme werden die Griffe montiert. Auf meine Nachfrage wo den die Griffe hergestellt werden, wurde ich kurzerhand an die Hand genommen und zwei Straßen weiter geführt um mir die Produktionsstätte der Griffe zu zeigen. Zwei Männer saßen an einer sehr alten Drechselbank auf einem Berg von Sägespäne. Die Drechselmaschine bestand aus mehreren Rollen und Keilriemen. Wie genau, konnte ich in dem Chaos von Sägespäne und Riemchen nicht erkennen. Was ich allerdings erkannte, war die Schnelligkeit und vor allem die Präzision, mit der die zwei Männer ihre Arbeit verrichtete. Auf meine Nachfrage sagten sie auch, dass sie täglich 10 Stunden arbeiten würden und dies 7 Tage die Woche. Arbeitszeittechnisch ist dies auch der Normalfall in Burma. Ich traf sehr viele Menschen aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen. Alle von ihnen gaben an,  mehr als 9 Stunden am Tag zu arbeiten und dies ca. 3-4 Wochen am stück bevor sie 1-3 Tage frei hätten. Burmesen arbeiten fast durchgehend –Wochenende kenne sie nicht.

              

                   

  Zurück in der Schirmfirma wurden mir dann die letzten Schritte nach dem Bemalen gezeigt. Die Schirme werden einzeln auf Funktion überprüft und sauber zum Verkauf oder Versand verpackt. Die Herstellungsdauer eines im Durchmesser ca. 60cm großen Schirmes liegt bei 2-3 Tagen. Die Herstellung eines Gartenschirms mit dem Durchmesser von knapp 2 Meter bei einer Woche. Als ich den ganzen Herstellungsprozess gesehen habe und auch die Schönheit und die Größe der Schirme betrachtet dachte ich für mich, während ich mich nach den Verkaufspreisen erkundigen wollte, „die sind sicher teuer, gerade die Großen!“.

  Aber nein, ganz im Gegenteil. Ein kleiner Schirm kostet umgerechnet ca. 1-2 Euro und ein 2 m Schirm, für den die Arbeiter wie gesagt eine Woche benötigen, kosten so um die 20 Euro. Unglaublich wie günstig diese Schirme sind. Ein ungewöhnlicher Preis für einen wunderschönen Schirm, der größtenteils aus mühevoller Handarbeit besteht.

Natürlich habe ich mir, nachdem ich noch mal zum gemütlichen Tee eingeladen wurde, 6 Schirme als Souvenirs gekauft. Und noch heute denke ich beim Anblick meiner Schirme gerne an diese Zeit in Pathein zurück.

                  

       


             Ein harter Job - Blattgoldherstellung in Mandalay      

                                                      

 Neben vielen anderen Handwerksbetrieben die ich während meiner Reise besucht habe, möchte ich euch noch die Blattgoldherstellung in Mandalay vorstellen. Die Blattgoldherstellung ist in Burma deshalb so wichtig und anerkannt, weil die Mehrzahl der Burmesen Buddhisten sind, und es ein Privileg ist, die vielen Buddhastatuen in den landesweiten Pagoden mit Blattgold zu bekleben. Obwohl die Menschen sehr arm sind, werden diese Gaben den Statuen und Heiligtümern geopfert.

   

Wie man auf dem Bild der Mahamudi-Pagode in Mandalay auch sehr gut erkenne kann, werden manchmal mehr als genug Blattgoldblättchen geopfert. Über die Jahrzehnte verformten sich die Umrisse der Statue zum fast unerkenntlichen.

So besitzt der Beruf des Blattgoldschlägers auch ein hohes Ansehen in der Gesellschaft Burmas. Auch in diesem Handwerksbereich müssen die Männer und Frauen 7 Tage arbeiten. Zudem ist die Arbeit mit dem schweren Schlaghammer einer der anstrengensten körperlichen Arbeiten. Aber der Reihen nach!

Das Gold für die Bearbeitung stammt aus dem Norden Burmas, einem Gebiet, das von der Regierung für Touristen gesperrt ist. Nachdem das Gold schon in feine Platten gegossen wurde, kommt es in die Fabriken nach Mandalay, die für ihre Blattgoldherstellung im ganzen Land bekannt sind.

 Die jetzt schon recht dünnen ca. 5 mal 5 cm großen Blattgoldstücke werden übereinander gelegt. Zwischen jedem einzelnen Goldstück liegt ein Blatt Papier, dass mit speziellem Lack beschichtet wurde, um das verkleben der Blättchen zu verhindern. So wird ein Block von bis zu 200-300 einzelnen Blättchen zusammengebunden und fest verschnürt. Diese „Päckchen“ wird nun auf den sich am Boden befindlichen Stein befestigt. Der Goldschläger steht, wie am dem Bild zu sehen ist, über dem Stein und muss nun ca. 1 Stunde lang mit einem 5 Kilogramm schweren Hammer in monotonen Schlägen das Goldpäckchen bearbeiten. Alle 5 Sekunden schlägt der Hammer auf dem Goldpäckchen auf.

           

                

           

                

           

                 

  

Eine kleine Rechung an dieser Stelle verdeutlicht die harte Arbeit der Goldschläger:

Alle 5 Sek. ein 5 kg Hammer heben und schlagen, bedeutet 12 mal pro Minute heben und schlagen, in einer Stunde 72 mal – d.h. 360 Kilogramm hebt jeder Schläger in einer Stunde. Geht mal jetzt davon aus, dass jede Arbeiter ca. 3 mal am Tag jeweils eine Stunde „schlagen muss“, so ergibt dass eine Hebeleistung von1080 Kilogramm am Tag. Mehr als eine Tonne! Unglaublich! Wenn man diese Rechnung betrachtet, wundert es nicht mehr, dass die Goldschläger mit ca. 35 einen kaputten Rücken haben und sich eine neue Arbeit suchen müssen. Die Schläger wechseln sich auch im Laufe einer Tagesschicht ab – eine Stunde Schlagen und dann 2-3 Stunden leichtere Arbeit um sich zu erholen.

Nachdem das Päckchen lange genug bearbeitet wurde und die einzelnen Goldblättchen dünn genug sind, werden sie zur Weiterverarbeitung in einen winddichten Raum gebracht. Dies ist deshalb so wichtig, da die hauchdünnen Blättchen beim geringsten Windstoß davon fliegen würden. Die Päckchen werden dann von den Arbeiterinnen auseinander genommen und auf die richtige Größe von ca. 5 mal 5 cm zurechtgeschnitten. Der Überschnitt wird für die nächsten Plättchen verwendet. Und so werden verschiedene Verkaufsgrößen zwischen 10 Blatt und 100 Blatt Gold zusammengepackt. Der Preis für ein Packet Blattgold mit 10 Blätter liegt bei ca. 2 US$, für Packete mit 100 Blatt legt man ca. 20 Dollar auf den Tisch.

Ich habe oben schon die Arbeitszeit der Arbeiter und Arbeiterinnen beschrieben. Der Verdienst für die Schläger liegt bei 3 US Dollar am Tag und für die Frauen, die die Goldblättchen verpacken, bei 2 Dollar am Tag.

Im Anschluss an den Besuch habe ich mir viele Gedanken über die harte Arbeit und den damit verbundenen Monatslohn von ca. 90 Dollar gemacht. Wenig Geld für eine sehr harte Arbeit. Wenn man sich aber auch vor Augen hält, dass der Durchschnittsverdienst in Burma bei ca. 20-30 US Dollar im Monat liegt, dann verdienen die Mitarbeiter sehr gutes Geld.

    

 Jedes mal als ich im Anschluss an meinen Besuch an einer Pagode sah, wie Gläubige ihre Goldblättchen an die Pagoden oder Stauten klebten, erinnerte ich mich an die freundlichen Mitarbeiter der Firma und dachte mir: „Vielleicht wurden diese Blättchen auch von den Menschen gemacht, die ich kennen lernen durfte!“

Ende